Während des Wahlkampfs haben viele Politiker der Parteien „Koalicja Obywatelska“, „Nowa Lewica“ sowie „Polska 2050“ versprochen, die Diskriminierung der deutschen Minderheit zu beenden. Jetzt ist es an der Zeit, dass die neue Regierung den Worten Taten folgen lässt.
Unter den Vorgängerregierungen der nationalistischen, EU-feindlichen Rechten wurden Deutsche in Polen rücksichtslos angegriffen und gedemütigt, alle minderheitenbezogenen Einrichtungen wurden diskreditiert. Eine Folge dieser populistischen Politik war die Entscheidung des Ministers für Bildung und Wissenschaft, Przemysław Czarnek, den Unterricht für Deutsch als Minderheitensprache von drei Stunden auf eine Stunde pro Woche zu reduzieren. Dies war eine eklatante Diskriminierung der polnischen Bürger. Dies betraf etwa 55 000 Kinder in Polen!
Schluss mit der Diskriminierung. Die neue liberal-linke Koalition hält, was sie verspricht!
Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Die neue Regierung von Donald Tusk – die Parteien, die in „Koalicja Obywatelska” vereint sind, sowie “Polska 2050”, “Nowa Lewica” und “Polskie Stronnictwo Ludowe” – verkündete nicht nur ein Ende der Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen, sondern sicherte bereits in den ersten Tagen Mittel für die Minderheit im Haushalt für das Jahr 2024. Darüber hinaus hat die neue Bildungsministerin Barbara Nowacka angekündigt, dass Deutsch als Minderheitensprache ab dem 1. September 2024 mit drei Stunden pro Woche unterrichtet werden soll.
Warum treten diese Änderungen erst ab dem neuen Schuljahr in Kraft?
Das Bildungswesen ist ein öffentlicher Bereich des Staates, der schrittweise Veränderungen erfordert. Alle organisatorischen Neuerungen im Bildungsbereich, wie z.B. die Änderung der Stundentafel, die Abschaffung bestimmter Fächer oder die Umstellung des Kerncurriculums, werden ab dem nächsten Schuljahr eingeführt.
Ist die neue Regierungskoalition in Polen eine Chance für die deutsche Minderheit?
Auf jeden Fall bietet sie die Chance für ein ruhiges, stabiles Modell des Funktionierens im öffentlichen, kulturellen und politischen Raum. Für sozialdemokratische Gruppierungen wie „Nowa Lewica“ und „Inicjatywa Polska“ oder solche mit einem liberalen Profil wie die „Platforma Obywatelska“ oder „Nowoczesna.“ sind Fragen der Gleichberechtigung und der Minderheitenrechte von grundlegender Bedeutung, und das eröffnet die Möglichkeit des Dialogs und des Entgegenkommens.
Warum sollte die deutsche Gemeinschaft in Polen an engen, guten Beziehungen zur Mitte-Links-Partei interessiert sein? Es ist ganz einfach logisch: Die Minderheit hat ihren Vertreter im Sejm verloren, und es wird nie eine Minderheit im Interessenbereich aller möglichen nationalistischen Rechtsparteien geben, die voller Phobien und Vorurteile gegen alles sind, was mit Deutschland zu tun hat. Diese Situation macht es absolut notwendig, Verbündete auf der Seite der politischen Szene zu suchen, die die Überzeugung der Toleranz, des Reichtums in der Vielfalt nicht nur verkündet, sondern auch auf ihren Fahnen trägt.
Die deutsche Minderheit kann sich schon jetzt sicher fühlen, denn im Artikel 1 der polnischen Verfassung heißt es ausdrücklich: „Die Republik Polen ist das gemeinsame Gut aller Bürger”, und die neue Koalition der demokratischen Parteien wird dies respektieren!
Krzysztof Burghardt