Deja vu in der polnischen Politik: Präsident Duda überrascht nicht.

In den letzten Wochen haben die polnischen Medien viel Wirbel gemacht. Neues Jahr, neue Regierung – endlich kommen Veränderungen!

Die neue Regierung kündigte eine Zeit der Abrechnung an – Stimmen erreichten uns aus verschiedenen Seiten, dass die PiS-Politiker für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden und vor der Justiz stehen würden. Die ersten Ziele waren die Abgeordneten Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik. Worum geht es eigentlich?

 

Die Grundstücksaffäre.

Alles dreht sich um einen Korruptionsskandal – die sogenannte Grundstücksaffäre – die Mitte 2007 ausbrach. Wie die Medien berichteten, begann der Fall mit von zwei Geschäftsleuten verbreiteten Informationen, die behaupteten, sie könnten jedes Grundstück in Polen „zurückgewinnen”. Mariusz Kamiński, der damalige Leiter des Zentralen Antikorruptionsbüros (CBA), initiierte unter Verwendung seiner Mitarbeiter eine rechtswidrige Provokation. CBA-Beamte gaben sich als Schweizer Unternehmer aus und boten Bestechungsgelder an, um bei der Rückgewinnung eines Grundstücks in Masuren zu helfen. Das Geld sollte angeblich an Andrzej Lepper gehen (der damals Landwirtschaftsminister war).

Im Jahr 2015 erhielten zwei PiS-Politiker eine 3-Jährige Haftstrafe und einen 10-jährigen Verbot, Ämter zu bekleiden. Kamiński erklärte damals, dass er als Leiter des CBA die Korruption im Landwirtschaftsministerium bekämpfen wollte. Das Problem besteht jedoch darin, dass laut den Feststellungen des Gerichts keine Korruption stattgefunden hat und es dafür nicht mal Anhaltspunkte oder Beweise gab. Nach dem nicht rechtskräftigen Urteil wurde Kamiński im Oktober 2015 Abgeordneter. Einen Monat später gab die damalige Premierministerin Beata Szydło seine Ernennung zum Ministerkoordinator für die Sonderdienste bekannt, zu der er vom Präsidenten, Andrzej Duda, berufen wurde. Am selben Tag begnadigte der Präsident Kamiński und seinen Mitarbeiter Maciej Wąsik vorläufig, und das Gericht stellte daraufhin den Fall ein.

 

Klingt das bekannt?

Am 20. Dezember 2023 fällte das Bezirksgericht in Warschau erneut ein Urteil gegen Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik. Das Gericht stellte fest, dass Mariusz Kamiński „seine ihm verliehenen Befugnisse überschritten und seinen Pflichten nicht nachgekommen ist„, indem er die Durchführung einer rechtswidrigen Handlung leitete, die er seinen untergebenen CBA-Beamten aufgetragen hatte, „obwohl keine rechtlichen Grundlagen vorlagen”. Er wurde unter anderem für die Planung, Organisation und Durchführung einer Provokation verurteilt, bei der er CBA-Beamte, einschließlich Maciej Wąsik, den stellvertretenden Leiter des Büros, einsetzte. Das Gericht stellte fest, dass gefälschte Dokumente verwendet wurden, um Landflächen zu entwidmen, und dass er außerdem „die Fälschung einer Reihe von Dokumenten von Regierungs- und Kommunalverwaltungen in Auftrag gegeben hat”, um seine Lüge glaubwürdig zu machen.

Maciej Wąsik wurde wiederum wegen Nichterfüllung seiner Pflichten verurteilt. Er folgte der Anweisung seines Vorgesetzten, Mariusz Kamiński, und erfüllte daher nicht die Pflicht, eine rechtswidrige Anweisung zu verweigern. Darüber hinaus wies er seinen untergebenen Mitarbeitern an, „operative und erkundende Maßnahmen” durchzuführen, obwohl er dafür keine rechtlichen Grundlagen hatte.

Am 9. Januar 2024 wurden die PiS-Abgeordneten Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik während ihres Besuchs im Präsidentenpalast von der Polizei festgenommen. Nach zwei Tagen in Haft wurden die Abgeordneten am 11. Januar in die Gefängnisse von Przytuły Stare und Radom überführt. Die Reaktion der PiS-Anhänger erfolgte fast sofort – zusammen mit den Ehefrauen der Politiker streikten sie vor den Gebäuden der Gefängnisse.

Was die Frauen der Abgeordneten betrifft, erschienen beide Damen in der Kanzlei von Präsident Duda mit der Bitte um Begnadigung ihrer Ehemänner. Verzweifelt und mit Tränen in den Augen bedauerten sie das gesamte Geschehen in Gesprächen mit Journalisten. Die Ehefrau von Wąsik sagte, dass sie zu Hause friere, da sich ihr Mann immer um die Heizung gekümmert habe (was von Internetnutzern schnell mit dem Kommentar verspottet wurde, dass das Abschrauben eines Heizkörpers ihre Fähigkeiten übersteigt). Einige Tage später berichteten die Medien, dass Mariusz Kamiński in einen Hungerstreik getreten sei. Der Präsident sprach von einem agonalen Zustand des Abgeordneten. Einige Stunden später gewährte er die Begnadigung, und gestern (23. Januar) verließen die Abgeordneten die Gefängnisse.

 

Was kommt als Nächstes?

Präsident Andrzej Duda gab in Begleitung der Frauen von Kamiński und Wąsik eine offizielle Erklärung ab, dass auf ihren Wunsch hin die Begnadigung der PiS-Abgeordneten erfolgte. Kamiński gab kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in einem Interview zu, dass er „bereit für den weiteren Kampf” sei.

Aber was jetzt? Können die Herren weiterhin ihre Funktionen als Abgeordnete ausüben? Die Betroffenen selbst wollen ihre Positionen im Parlament beibehalten. Obwohl der Marschall Hołownia eine Verfügung über das Erlöschen der Mandate der verurteilten Kamiński und Wąsik erlassen hat, kommentieren diese die Angelegenheit mit den Worten: „Herr Tusk, Herr Hołownia, wir sehen uns bald.”

 

In Ungewissheit verharrend, warten wir auf die weitere Entwicklung der Situation. Wie wird sich die Angelegenheit weiterentwickeln? Werden die verurteilten Abgeordneten im Sejm bleiben? Was wird aus den Beziehungen der regierenden Koalition und der PiS? Diese Fragen hoffen wir in den kommenden Tagen beantwortet zu bekommen.

 

Franciszka Dzumla